Endlich! Die von der SPD geführte Minderheitsregierung hat am letzten Donnerstag mit den Stimmen der Grünen und der Linkspartei die allgemeinen Studiengebühren im Landtag durch das „Gesetz zur Verbesserung der Chancengleichheit beim Hochschulzugang in NRW“ abgeschafft. Den Unis in Nordrhein-Westfalen wird endlich verboten bis zu 500 Euro Gebühren pro Semester zu kassieren. Damit an den Unis nicht alles zusammenbricht hat unsere Bildungsministerin Svenja Schulze (SPD) dafür gesorgt, dass insgesamt 249 Millionen Euro zur Verfügung stehen, um den Wegfall der Studiengebühren auszugleichen. Das heißt auch für uns Studierende an der RUB: Ab dem Wintersemester fallen die Gebühren weg und trotzdem wird sich die Qualität des Studiums nicht verschlechtern.
Rückblick
CDU und FDP hatten nach der Regierungsübernahme 2005 die Mittel für die Hochschulen „eingefroren“. D.h. die Mittel wurden in den folgenden Jahren nicht mehr erhöht. Allein schon wegen der Inflation und der Energiekosten hätte das unweigerlich zu einem Bankrott aller Unis in NRW geführt. Aber „Innovations“-Minister Pinkwart (FDP) hatte einen guten Einfall: Damit den Unis nicht die Pleite droht „durften“ sie bis zu 500 Euro Studienbeiträge pro Semester und Studierendem einziehen – was dann auch die meisten Unis tun mussten. Offiziell sollten die Studienbeiträe nur zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden und nicht die „grundständige“ (normale) Lehre finanzieren. Das war von Anfang an Quatsch, weshalb auch die Landesrektorenkonferenz kürzlich noch vor einem „Zusammenbruch“ der Lehre an den Unis in NRW warnte, wenn die SPD ernst macht und die Studiengebühren abschafft. Es ist also nicht nur zusätzliche Qualität von den Studiengebühren bezahlt worden… Das haben wir Jusos auch immer kritisiert.
Ein bisschen stolz dürfen wir Jusos schon sein
Wir Jusos haben im Land und natürlich auch an der RUB seit Einführung der Studiengebühren konsequent für ein gebührenfreies Studium gekämpft. Dabei haben wir auf die Doppel-Strategie gesetzt. Wir haben gleichzeitig die Proteste gegen Studiengebühren unterstützt und innerhalb der SPD dafür gekämpft, dass die Partei die Gebühren abschaffen soll, wenn sie wieder in die Regierung kommt. Das ist jetzt passiert und die vielen Jusos, die sich in parteiinternen Debatten dafür eingesetzt haben, dürfen heute zu Recht stolz sein, dass wir es gemeinsam mit der Partei geschafft haben.
Danken sollten wir auch den anderen linken Gruppen
Denn ohne den breiten Protest gegen Studiengebühren, der seit 2005 ununterbrochen Druck auf die Öffentlichkeit ausgeübt hat, wäre vermutlich auch die parteiinterne Argumentation für uns schwerer gewesen. Und diesen Druck haben viele Gruppen neben uns Jusos mitgetragen. Zum Beispiel gab es direkt nach Einführung der Studiengebühren 2005 ein von allen progressiven Gruppen an der RUB getragenes Protest-Zelten gegen Studiengebühren auf dem Nordforum vor der UB. Schon damals haben wir richtig Druck gemacht. Oder wie es unser AStA-Vorsitzende Kolja Schmidt (Jusos) damals kämpferisch formulierte: „Wer auf Betonplatten zelten kann, kann auch Studiengebühren abschaffen!“
Es gab neben dem Camp, das gemeinsam viele Aktionen gegen Studiengebühren durchgeführt hat auch eine Urabstimmung aller RUB-Studis von unserem Grünen-Juso AStA initiiert. Das Ergebnis war ein klares Signal an die Unileitung und die Politik: Mehr als 2/3 aller Studierenden der RUB lehnten Studiengebühren ab. Dass sie trotzdem kamen, war nur zum Teil der Ignoranz der Unileitung geschuldet – wie gesagt: CDU und FDP hatten die Mittel für die Hochschulen eingefroren und damit kaum einen anderen Ausweg gelassen. Die Zusammenarbeit aller fortschrittlichen Gruppen an der Uni und im Land hat dazu geführt, dass dieser Sachzwang nun Geschichte ist. Das Land verbietet Studiengebühren und investiert endlich wieder in die Bildung. Das ist der Erfolg einer Bildungsbewegung – nicht der Erfolg einer einzelnen Gruppe.
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt – Mastergarantie und mehr
Mit den Studiengebühren haben wir eine extreme soziale Selektion im Hochschulwesen abgeschafft. Aber es gibt immer noch Hürden, die einen gleichen und freien Zugang zu Bildung erschweren. Diese müssen jetzt angegangen werden. Eines der beiden Hauptthemen ist die Masterplatzgarantie. Alle müssen die Chance haben, einen Master zu machen, wenn sie es wollen. Es kann nicht sein, dass die „BA/ MA-Reform“ dazu führt, dass ein Power-Kurzstudium (BA) zur Regel wird. Bildung ist das, was uns voranbringt – nicht „Kurz“-Bildung.
Sitzt Du noch rum oder studierst Du schon? – Abschaffung der Anwesenheitspflicht
Das zweite Projekt muss die Abschaffung der Anwesenheitspflicht werden. Wie kann es denn sein, dass wir in Zeiten des Internets, wo online-Vorlesungen und E-Learning nicht nur möglich, sondern in der Wirtschaft bereits ein Standard sind, immer noch nach den Regeln der Universität von vor hundert Jahren studieren? Credit Points für Anwesenheit? Dafür dass wir uns in der Regel gegenseitig mit Referaten bespaßen und der Prof. am Ende eine Viertelstunde Feedback gibt? – Das ist schlicht so, weil die Menschen, die unseren Studienablauf gestalten mehr oder weniger unverschuldet in Denkmustern von gestern groß geworden und ihnen bis heute aus Gewohnheit treu sind. Anwesenheitspflicht sollte dem Grundsatz folgen: Ja, aber nur wenn ich durch Anwesenheit mehr lernen kann als aus einem Buch/ Video/ E-Learning – und wenn jemand mir in dieser kostbaren Zeit etwas beibringt, der auch mindestens einen Doktor hat. Alles andere hat keinen anderen Sinn als Menschen, die neben dem Studium arbeiten müssen, das Studium und damit das Leben schwer zu machen.
Viel zu tun in NRW – viel zu tun an der RUB: wir Jusos stehen bereit!
„Es ist ein großer Erfolg und eine klares Zeichen, dass sich die harte Arbeit der Jusos ausgezahlt hat. Wir haben die Bildungslandschaft in NRW wieder auf den richtigen Weg gebracht.“, sagte Juso HSG Vorstandsmitglied Raoul Meys, nach der Entscheidung des Landtags, die Studiengebühren abzuschaffen. Der gesamte Vorstand der Juso-Hochschulgruppe Bochum an der RUB war mit vielen Mitgliedern der Gruppe am Donnerstag nach Düsseldorf gefahren, um an diesem historischen Tag dabei zu sein. „Das war echt gut! – Aber jetzt legen wir erst richtig los!“ – Das war der Tenor der RUB-Jusos. Darauf könnt Ihr Euch verlassen 🙂
Die RUB ist keine Insel
Die Überarbeitung der Bologna Reform, die paritätische Besetzung des Senats, die Abschaffung der Hochschulräte sind nur drei weitere Punkte bei denen es jetzt heißt anzupacken und weiter für eine soziale und gerechte Hochschullandschaft des Landes Nordrhein-Westfalen einzustehen. Dabei wollen wir es aber nicht belassen. Für uns Jusos ist der freie und gleiche Zugang zu Bildung nur die notwendige Voraussetzung für eine freie und gerechte Gesellschaft. Unser Ziel ist nicht nur eine gerechte Bildungspolitik, sondern eine Gesellschaft, in der jedeR Arbeit haben und davon auch leben kann. Und zwar nicht nur „menschenwürdig“, sondern in Würde.
In diesem Sinne: Vorwärts!